Ausflug zum Wings for Life Run in Georgien

14. Mai 2017

Tiflis Tbilisi Georgien Sonnenuntergang

 

Über das erste Mai-Wochenende war ich in Georgien. Dort fand in der Region Kacheti nahe Telavi der lokale Wings for Life Run statt. Dabei starten viele verschiedene Einzelrennen weltweit zur gleichen Zeit. Statt eine feste Distanz zu laufen, geht der Wettkampf für jeden Starter so lange, bis er vom sogenannten Catcher Car eingeholt wird. Dieses Catcher Car fährt dem Feld hinterher und wird im Lauf der Zeit immer schneller. Wer am weitesten kommt, gewinnt. Dabei gibt es sowohl einzelne Landeswertungen als auch eine globale Gesamtwertung.

Das Ganze ist ein Spendenprojekt. Das Geld geht in die Forschung, um eine Heilung für Rückenmarksverletzungen zu finden. Da es also keine Preisgelder gibt, ist auch der Anreiz für Profi-Läufer gering, dort teilzunehmen. Allerdings melden sich zunehmend auch starke (Ultra-)Läufer an, um die einzelnen Landeswertungen zu gewinnen oder gar um den globalen Sieg mitzulaufen.

Im Jahr 2016 war ich in München dabei. Damals wurden es 43 km als schneller Trainingslauf. Mein Plan ist es, jedes Jahr in einem anderen Land zu starten, um etwas von der Welt zu sehen. Ursprünglich war Moskau geplant, aber dann wurde mir der Aufwand wegen des notwendigen Visums zu groß. Kurzfristig passte dann Georgien am besten. Hier nun mein Reise- und Rennbericht. Eines schon vorab: Leider lief diesmal nicht alles nach Plan.

 

1. Tag: Flug nach Tiflis und Erkundungstour

Den Flug habe ich bei Lufthansa gebucht. Von Düsseldorf über München nach Tiflis, was deutlich günstiger ist als von München nach Tiflis – verrückt. Da ich nur Handgepäck dabei habe, kann ich auf dem Rückflug in München aussteigen, ohne nochmal bis Düsseldorf fliegen zu müssen. Guter Deal also.

Schon auf dem Hinflug gibt es einen Zwischenfall. Eine Frau in der Sitzreihe hinter mir hatte wohl einen epileptischen Anfall. Ein Arzt ist unter den Passagieren, und zusammen mit der Crew kümmert man sich um die Frau. Das Ganze wird nach vorn in die Business Class verlegt. Beim Aussteigen kann ich sehen, dass es wohl alles gut gegangen ist.

Wir landen um 4 Uhr morgens. Ich hatte nur kurz geschlafen, sodass der Tag heute hart werden könnte. Ich hole mir den Mietwagen bei Rent Motors ab und bekomme ein ordentliches Upgrade, da der Kleinwagen nicht verfügbar ist. Spitze! Ich fahre nach Tiflis, wo alle noch schlafen – außer die überaus präsente Polizei und die Straßenkehrer. Letztere sind zu hunderten (!) damit beschäftigt, überall zu fegen. Ich erkunde ein bisschen die Stadt und stelle fest, dass die Straßenführung sehr verwirrend ist.

 

Europa Politik Tiflis Tbilisi Georgien
In Tiflis ist kaum zu übersehen, dass sich Georgien politisch nach Europa orientiert. Geografisch ist es allerdings schwierig, da das Land zwischen der Türkei und Russland „eingequetscht“ ist.

 

Parken ist in der Stadt mit dem Mietwagen kostenfrei. Es sind spezielle Stellen mit dem Label „C. T. Parking“ markiert. Ich fahre zu einem Cafe und arbeite beim Frühstück am Notebook. Dann fahre ich nach Norden durch den chaotischen (!) Stadtverkehr Richtung Tbilisi Reservoir, wo ich an einem imposanten Monument halte, „The Chronicle of Georgia“.

 

Chronicle of Georgia Tiflis Tbilisi Reservoir Georgien
Riesiges, imposantes Monument „The Chronicle of Georgia“.

 

Dann geht es weiter Richtung Nationalpark. Die Straße, die ich dort fahren wollte, entpuppt sich als unwegsame Buckelpiste. Also fahre ich ein Stück zurück und halte am Straßenrand, um den Trail zur Monastery of St. George zu gehen. Zweimal muss ich vom Weg abweichen, da Hunde bellend auf mich zu rennen, um „ihre“ Schafherde zu verteidigen. Von nun an wandere ich nur noch mit einem großen Stock – nur für den Fall, dass ich mich mal wirklich gegen einen Köter verteidigen muss.

 

Tiflis Tbilisi Nationalpark Hunde Trail Monastery St George Georgien
Ich parke direkt am Beginn des Trails, der hinauf zur Monastery of St. George führt (auf der Bergspitze im Foto).

 

Oben angekommen ist der Aussichtspunkt leider abgesperrt. Ich suche einen alternativen Weg, aber treffe nur auf einen seltsamen Typen vor einem verlassenen Haus. Er fragt mich, ob ich allein unterwegs bin – und ich entschließe mich, möglichst schnell wieder von hier zu verschwinden. Das ganze erschien mir wir eine Szene in einem Horrorfilm.

Nach rund 4 km Rückweg mache ich kurz Halt. Ein guter Punkt für ein Foto. Doch als ich meine Taschen kontrolliere, stelle ich fest, dass der Autoschlüssel weg ist! Worst Case, was tun? Alle Sachen sind im Auto, und ich bin weit außerhalb der Stadt… Es ist wirklich die eigene Dummheit (und nicht die Schuld anderer), die einem die größten Probleme einbrockt. Es gibt nur eine Möglichkeit: Langsam den Weg zurückgehen und aufmerksam den Boden absuchen!

Nach etwa 1,5 km die Erlösung des Jahres: Schlüssel gefunden! Ich weiß nicht, was ich sonst hätte machen sollen… Eines ist klar: Nie wieder den Autoschlüssel in eine offene Hosentasche stecken! Erleichtert gehe ich zurück zum Auto und fahre nach Tiflis, um dort ins Envoy Hostel einzuchecken (zum Glück finde ich einen Parkplatz) und noch einen kleinen Stadtrundgang zu absolvieren. Abends eine lockere Runde mit anderen Touris auf der Dachterrasse, bevor ich mich endgültig todmüde ins Bett verabschiede.

 

Narikala Fortress Festung Aussicht Tiflis Tbilisi Georgien
Blick auf Tiflis von ganz oben an der Spitze der Narikala Fortress.

 

2. Tag: Fahrt nach Telavi

Ich schlafe erstmal richtig aus, bis fast 9 Uhr. Beim Frühstück quatsche ich mit zwei Reisenden aus den Niederlanden und aus Dubai. Dann Checkout und ein Rundgang durch den Botanischen Garten, der nur wenige Minuten entfernt ist.

Anschließend fahre ich los Richtung Telavi. Die Strecke von knapp 100 km sieht auf der Karte recht einfach aus, aber ist durchaus erlebnisreich: Erst Buckelpiste mit viel Verkehr, dann hoch auf 1600 Meter über einen Pass (dort mache ich eine Kaffeepause) und dann runter durch schöne Wälder, wo ich einen Halt am Dzveli Shuamta Monastery einlege.

In Telavi checke ich ins gebuchte Gasthaus ein. Danach fahre ich gleich zum Start für das morgige Rennen, aber muss feststellen, dass man die Startunterlagen erst am Renntag abholen kann. Dafür fahre ich auf dem Rückweg zufällig durch eine riesige Schafherde, die gerade über die Straße getrieben wird – witziges Erlebnis! Zurück in Telavi bleibt noch Zeit für einen kurzen Stadtrundgang.

 

Schafe Herde Straße Telavi Georgien
Hunderte, wenn nicht tausende Schafe laufen in einer riesigen Herde auf der Straße nach Telavi.

 

3. Tag: Wings for Life Run

Am Vormittag unterhalte ich mich mit zwei anderen Startern für das morgige Rennen, Nika und Beka, die auch im Gasthaus wohnen. Wir haben viel Zeit, da das Rennen erst um 15 Uhr startet. Ich erzähle den beiden, dass ich eigentlich 50 km geplant hatte, was nach dem soliden 3. Platz beim Gedächtnislauf im März durchaus realistisch war. Aber jetzt war ich 10 Tage krank und konnte nicht trainieren, sodass dieses Ziel utopisch ist.

Auf dem Weg zum Start hält mich die Polizei an. Angeblich bin ich bei Rot gefahren (nie im Leben!). Der Polizist spricht kein Wort Englisch, aber die beiden Kollegen aus dem Gasthaus helfen mir aus der Patsche – wir sind zum Glück zusammen losgefahren.

Vor dem Startschuss läuft alles optimal. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es in den vordersten Startblock, dann herrscht ziemliches Gedränge. Dann geht es los. Einige rennen los wie die Verrückten, es wird gedrängelt, und dann fädelt jemand von hinten in meine Beine ein, als ich gerade keinen Bodenkontakt habe. Ich stürze der Länge nach auf die Straße. Sofort ein starker Schmerz in der linken Schulter, die ich mir bei einem Radsturz vor 3 Jahren bereits verletzt hatte.

Ich kann nicht allein aufstehen. Jemand hilft mir hoch, doch ich denke sofort ans Aussteigen. Nach ein paar Schritten überlege ich es mir anders. Der Schmerz ist noch da, zudem einige Schürfwunden am Ellbogen und Knie. Aber mal schauen, wie es läuft, schließlich bin ich extra den weiten Weg gekommen…

Die ersten 15 km sind sehr zäh. Ich spüre den Trainingsrückstand, und fühle mich geschwächt nach der Erkältung. Der Puls ist angesichts meines moderaten Tempos viel zu hoch, und ich sehe ab und zu Lichtblitze im Sichtfeld – kein gutes Zeichen. Allerdings sind die Bedingungen auch schwierig, es geht beständig leicht bergan bei hoher Temperatur und kaum Schatten, zudem etwas Gegenwind. Zum Glück habe ich ein paar Gels dabei, sodass ich zumindest energetisch kein Problem haben dürfte.

Später finde ich einen guten Rhythmus. Die Lichtblitze verschwinden, und ich beginne, nach und nach andere Läufer zu überholen. Dennoch komme ich nicht annähernd an den Schnitt heran, den ich laufen wollte. Kurz nach der 30-Kilometer-Marke bin ich fix und fertig. In der Hitze habe ich unterwegs zu wenig getrunken und fühle mich ausgetrocknet wie eine Rosine. Das Catcher Car passiert mich bei rund 33 km, es ist wie eine Erlösung.

Ich schlendere langsam weiter und warte auf den Bus. Als dieser ankommt, gibt es eine faustdicke Überraschung: Ich habe den 2. Platz belegt! Nie im Leben hätte ich das gedacht, da am Start nach dem Sturz so viele Läufer an mir vorbeigezogen waren. Unglaublich. Doch kurz darauf ärgere ich mich auch: Ohne die Erkältung und den Sturz wäre hier locker der Sieg drin gewesen. Andererseits ist es auch gut, wenn ein Georgier das Rennen hier gewinnt, und nicht irgendein Tourist aus Deutschland.

 

Urkunde Marko Gränitz Wings for Life Run Kacheti Georgien
Urkunde zu meinem 2. Platz in Georgien. Aufgrund der schwierigen Bedingungen im Vergleich zu anderen Rennen ist die Platzierung im globalen Ranking allerdings unterirdisch.

 

Auf dem Rückweg fängt es an zu regnen. Zum Glück sitzen wir im Bus. Ich mache den Fehler und trinke 2 Red Bull – ohne daran zu denken, dass ich dann wohl abends nicht schlafen kann. Auch ohne Energy Drink ist das oft schwierig nach einem Wettkampf. Und genau so kam es dann auch. Die Rennbelastung, die schmerzende Schulter und das Red Bull sorgen dafür, dass ich trotz Schlaftablette gerade mal 2-3 Stunden schlafen kann. Da hat auch die „Einladung zum Trinken“ der neu angereisten Russen im Gästehaus nichts mehr geholfen.

 

4. Tag: Fahrt nach Tiflis

Nach dem Frühstück fahre ich los. Zunächst den Weg wie 2 Tage zuvor zurück, aber dann nehme ich einen Abzweig nach Norden. Nach einigen Zwischenstopps (und zwischenzeitlichen Buckelpisten) komme ich am frühen Nachmittag in Ananuri an, wo ich mir die alte Festung anschaue.

 

Ananuri Fortress Festung Zhinvali Reservoir Georgien
Blick vom höchsten erkletterbaren Punkt der Festung in Ananuri. Im Hintergrund ist das Zhinvali Reservoir zu sehen, in dem gerade ziemliche Ebbe herrscht.

 

Es fehlt leider die Zeit, noch weiter in die Berge zu fahren. Echt schade! Weniger als 100 km nördlich liegen die hohen Berge mit bis zu 5000 Metern, doch dafür bräuchte ich zur Erkundung einen weiteren Tag.

 

Ananuri Zhinvali Reservoir Kaukasus Berge Georgien
Kurzer Stopp an einem Aussichtspunkt nahe Ananuri, bevor es zurück nach Tiflis geht. Im Hintergrund das Zhinvali Reservoir und die ersten hohen Berge des Kaukasus.

 

Also fahre ich wieder zurück nach Tiflis. Dort checke ich ins Hostel ein und mache noch einen Stadtrundgang für ein paar kleine Souvenirs, ein Mitbringsel für Michaela und Fotos. Eine Packung Zigaretten muss auch mit, kostet umgerechnet 1,25 Euro! Abends quatsche ich noch mit ein paar Leuten im Hostel, unter anderem Will aus UK, der mir erzählt, dass er „für immer“ reisen möchte (allerdings scheint mir sein Plan nicht gerade durchdacht). Dann gehe ich früh ins Bett.

 

Academy Science Rustaveli Tiflis Tbilisi Georgien
Blick auf das imposante Gebäude der Academy of Science nahe der Station Rustaveli.

 

5. Tag: Zurück nach Würzburg

Um 02:45 Uhr stehe ich auf, was 00:45 Uhr deutscher Zeit entspricht. Es wird also ein langer Tag nach einer kurzen Nacht! Ich fahre zum Flughafen und gebe das Auto ab. Angeblich ist es „dreckig“, sodass ich eine Reinigungsgebühr zahlen muss. Das hatte ich noch nie – und ganz ehrlich, dreckig sieht anders aus. Da es aber ohnehin ein Upgrade war, diskutiere ich nicht lange herum.

Nach dem Checkin habe ich noch etwas Zeit. Am Gate sehe ich, dass Vögel in dem Flughafengebäude herumfliegen. Auch mal eine Idee, echtes Vogelgezwitscher in der Wartehalle. Dann geht es zum Flieger und ab nach München. Dort besuche ich heute noch die DKF-Konferenz und treffe mich nachmittags mit Lisa, die mir das Gelände von Pro7 in Unterföhring zeigt – danke! Abends nehme ich den Zug zurück nach Würzburg und komme fix und fertig zu Hause an. Nach dieser Tour muss ich mich erstmal erholen!

 

Fazit

Georgien ist ein günstiges, sicheres Land, und die Menschen sind freundlich. Die Landschaften sind top, und das Beste habe ich wohl noch nichtmal gesehen. Der einzige Haken ist, dass die Leute Auto fahren wie die Wahnsinnigen! Der Straßenverkehr ist teils chaotisch. Ich sehe viele Autos mit Dellen, ohne Stoßstangen, und/oder mit Rissen in den Scheiben. Zum Glück überstehe ich die 4 Tage in meinem Mietwagen ohne Kollisionen.

2 thoughts on “Ausflug zum Wings for Life Run in Georgien”

  1. Hi Hi,
    ich habe ungefähr den gleichen Plan wie du geschildert hast: Ich möchte auch gerne durch die Wings for life Runs die Welt ein bisschen bereisen.

    Kannst du vielleicht noch ein wenig genauer beschreiben, wie die Strecke war? Ich bin Rollifahrerin und habe dieses Jahr in München meine Kategorie gewonnen. Leider war in München die Strecke für Rollstuhl sehr schlecht (Feldweg, ein ewiges Auf und Ab im Matsch…)

    Gings in Georgien auf Straßen und eben?

    Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen!
    VLG Tanja

  2. Hi Tanja,

    Wow. Glückwunsch! Die Leistungsdichte ist relativ niedrig in Georgien im Vergleich zu München, sodass du sicher gute Chancen hast!

    Die Strecke hat ein paar leichte Anstiege, aber alles asphaltiert. Kein Vergleich zu dem „Buckel“ in München, kenne das Teilstück dort auch von vor 2 Jahren. Der Asphalt ist sicherlich nicht „aalglatt“, aber genau hab ich ihn leider nicht angeschaut, könnte eventuell etwas rauh sein. Soweit ich mich erinnere aber keine Schlaglöcher etc, sollte ganz gut klappen mit Rolli.

    Gruß, Marko

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