Eine Woche Bergwandern: Stubaital und Südtirol
Bevor es in den Urlaub gehen soll, starte ich beim „ersten Wettkampf nach Corona“, dem SachsenTrail Ultra in Breitenbrunn im Erzgebirge. Das Feld ist stark besetzt, aber aufgrund des heißen Wetters und der schwierigen Strecke mit 2000 Höhenmetern müssen auch einige der Favoriten aufgeben – und so lande ich am Ende mit knappem Vorsprung auf Platz 3. Abends geht es erschöpft, aber glücklich und zufrieden mit meinem Vereinskollegen Walter Zimmermann zurück nach Würzburg.
Am nächsten Morgen erwartet mich eine schlimme Nachricht: Mein Großvater ist in der Nacht nach langer Krankheit gestorben. Die morgige Fahrt nach Meran ist damit hinfällig. Stattdessen verbringe ich kurzfristig zwei Tage mit Michaela in Oberhof im Thüringer Wald.
Dort unternehmen wir eine lange Wanderung am Rennsteig. Dabei gehen wir (leider) auch über eine echte „Zeckenwiese“, aber können zum Glück alle vier der eingesammelten Biester wieder abstreifen, bevor sie zustechen. Außerdem treffen wir zwei Wanderer, die tatsächlich ihre blinde Katze im Rucksack (!) dabei haben. Echt verrückt…
Am Mittwoch fahren wir zunächst für eine Stadtbesichtigung nach Weimar und dann weiter zu meinen Eltern. Am Donnerstag ist die Beerdigung. Und am Freitag brechen wir für den verkürzten Urlaub zunächst ins Stubaital nach Österreich auf und planen von dort aus weiter.
1. Tag: Fahrt nach Fulpmes
Am Vormittag geht es von Auerswalde nach München. Hier buche ich bei einer Tank- und Vignettenkauf-Rast die Unterkunft für die kommenden 4 Tage. Diese ist im kleinen Ort Fulpmes im schönen Stubaital, das von vielen schönen Bergen umgeben ist.
Bei unserem ersten Einkauf in Österreich fällt uns auf, dass wir hier gar keine Corona-Maske benötigen. Später wird sich das wieder ändern, sobald wir in Italien sind.
2. Tag: Wanderung zum Kreuzjoch
Pünktlich zur ersten Wanderung soll heute das Wetter besser werden. Als wir los gehen, ist es noch wolkig, aber tatsächlich setzt sich die Sonne durch.
Für unsere Beine und vor allem die Waden sind die steilen Anstiege noch ungewohnt. Bei mir kommen etwas Müdigkeit und ein paar leichte Knieschmerzen vom Wettkampf dazu. Aber insgesamt ist die Runde aufs Kreuzjoch (2136 m) und zurück recht entspannt.
3. Tag: Wanderung zum Hinteren Daunkopf
Heute ist das Wetter perfekt, also planen wir eine größere Tour. Mit dem Auto geht es zur Mutterbergalm am Ende des Stubaitals, wo Micha die Seilbahn zur Mittelstation nimmt, während ich den Trail nach oben gehe. Auf halber Höhe treffen wir uns an der Dresdner Hütte.
Wir gehen weiter nach oben und erreichen am frühen Nachmittag das Daunjoch auf rund 3050 m.
Vom Daunjoch gehe ich allein noch schnell bis zum Gipfel des Hinteren Daunkopfs (3225 m). Dann drehen wir um, damit Micha an der Mittelstation noch die letzte Seilbahn nach unten erwischt. Ich jogge den Weg bis runter zum Parkplatz.
Eine Sache haben wir heute aber bitter bereut: Wir hatten uns nicht ausreichend mit Sonnencreme versorgt. Es war die ganze Zeit sonnig, und in der Höhe brennt es nochmal mehr als im Tal. „Eigentlich“ weiß ich das schon lange, aber man muss eben auch daran denken und entsprechend handeln…
Das Ergebnis: Recht deutlicher Sonnenbrand im Nacken und an den Waden.
4. Tag: Seilbahn und Wanderung zum Serles
Letzter Wandertag im Stubaital. Heute fahren wir beide das erste Stück mit der Seilbahn von Mieders nach oben. Der Grund: Ich muss wegen des Sonnenbrands eine lange Hose, langes Shirt und Buff-Tuch um den Hals tragen, was ziemlich warm ist. Von der Bergstation der Serlesbahn starten wir auf rund 1500 Meter Höhe, sodass die Temperaturen zumindest etwas angenehmer sind.
Ab dem Kloster Maria Waldrast geht es über schöne Trails nach oben.
Die letzten 500 Höhenmeter sind zunehmend steil und mit einigen Kletterpassagen versehen, die wir aber gut meistern. Gerade noch rechtzeitig kommen wir am Gipfel an, bevor die Wolken hereinziehen und den Berg komplett einhüllen.
Zurück geht es auf dem gleichen Weg. Für den Abend sind Gewitter angesagt, aber wir kommen mit ein paar Regentropfen auf dem Weg zur Seilbahn davon.
5. Tag: Ruhetag und Fahrt nach Dorf Tirol
Das Stubaital ist wirklich eine Reise wert. Wir könnten hier noch einige Gipfel besteigen. Auf dem Weg zum Serles habe ich gestern ein Schild über die „Seven Summits“ im Stubaital gesehen. Davon sind sechs Gipfel noch offen 🙂
Wir checken in unserer Ferienwohnung aus und fahren ein letztes Mal das Tal hinauf, um den Grawa Wasserfall anzuschauen, den breitesten Wasserfall der Ostalpen. Dort angekommen lesen wir einen Hinweis, nach dem die Gischt beim Einatmen besonders gut für die Lunge sein soll – also bleiben wir noch für eine halbe Stunde.
Anschließend nehmen wir bewusst die alte, mautfreie Brennerstraße, da wir ausreichend Zeit haben und die Landschaft anschauen möchten. Über Sterzing fahren wir den Jaufenpass und dann weiter in Richtung Meran bis zu unserer Unterkunft am oberen Ende der Ortschaft Dorf Tirol.
Am Abend machen wir noch einen Stadtrundgang in Meran und kaufen Proviant für die kommenden Tage ein.
6. Tag: Mutspitz und Hochgangscharte
Die heutige Tour ist „eigentlich“ gut machbar. Micha nimmt von Dorf Tirol aus die Hochmuth-Seilbahn, während ich den Trail über die Muthöfe nach oben gehe (auf dem ich mich gegen einige lästige Bremsen wehren muss). Gemeinsam geht es dann weiter über den Mutkopf bis hinauf zur Mutspitze.
Dann gehen wir weiter und treffen bald auf einige sehr an Wanderern interessierte Bergziegen.
Am eigentlichen Abzweig für den Rückweg, der Taufenscharte, entscheiden wir uns, einen größeren Bogen über die Seen zu gehen. Es sieht zunächst so aus, als würde diese Runde tendenziell bergab gehen. Doch ab dem ersten See stellen wir fest, dass es statt dessen bis zu unserem Abstieg in der Hochgangscharte weiter hinauf geht.
Unterwegs geraten wir am größten der Seen, dem Langsee, in einen aggressiven Mückenschwarm, der noch schlimmer ist als die Mückenplage damals in Schottland. Aber wir treffen auf auch freundlichere Zeitgenossen.
Nach dem sehr steilen Abstieg in der Scharte geben wir Gas, damit Micha die letzte Seilbahn noch erwischt (mal wieder). Das klappt gut, da es jetzt permanent leicht bergab geht. Auf dem letzten Stück gehen wir den bekannten Meraner Höhenweg entlang, der eine spektakuläre Aussicht auf das Tal bietet.
Ab der Seilbahn gehe ich den Rest wieder allein nach unten. Unterwegs rutsche ich weg und schlage mit dem Knöchel gegen einen Stein. Autsch! Laufschuhe sind zwar viel flexibler und angenehmer als Wanderschuhe, aber am Knöchel ist man eben völlig ungeschützt. Diesmal geht es glimpflich aus, aber für die Zukunft macht es wohl Sinn, für Bergabpassagen ein Paar Trail Gaiters mit eingebautem Knöchelschutz dabei zu haben.
7. Tag: Wanderung zum Zielspitz
Gestern Abend waren wir müde von der langen Tour und haben es nicht mehr geschafft, etwas für heute zu planen. Micha möchte auch lieber eine kleine Tour machen. Also sucht der „Bergführer“ bzw. „Guide“ (also ich) auf die Schnelle etwas raus…
Etwas spät am Vormittag fahren wir mit dem Auto zur Texelbahn und damit hinauf zur Station Giggelberg. Dann beginnen wir den Aufstieg in Richtung Zielspitz. Anfangs ist der Trail noch angenehm, aber später geht es durch ein steiles Geröllfeld und zunehmend schwierige Kletterpassagen. Außerdem sind es rund 1500 Höhenmeter bis zum Gipfel auf 3009 m.
Der Weg ist von der Distanz her recht kurz, weniger als 5 km, aber im oberen Teil so anspruchsvoll, dass wir den geplanten Abstieg auf der anderen Seite nicht riskieren möchten. Denn sollten wir die letzte Seilbahn nach unten verpassen, wird es wegen des deutlichen Umwegs zu Fuß ein langer Tag (oder auch eine lange Nacht). Also gehen wir gezwungenermaßen den gleichen Weg wieder zurück. Klarer Planungsfehler von mir.
8. Tag: Solo-Tour zur Grawand
Der letzte Wandertag unseres Kurzurlaubs bricht an. Heute fahren wir etwa eine Stunde bis nach Kurzras im Zentrum der Ötztaler Alpen. Micha nimmt die Seilbahn bis zum Grawand-Gipfel (3259 m) und läuft dann in Ruhe wieder nach unten zum Parkplatz. Vorher setzt sie mich am Ötzi Rope Park neben dem Vernagt-Stausee ab, von wo aus ich allein hinauf bis zum schwierigen Gipfelgrat gehe, der auf rund 3100 m verläuft.
Rutschiges Geröll auf steiler Strecke und kleinere Schneefelder machen das letzte Stück sehr anspruchsvoll. Ich gehe den Grat bis zum Gipfel – und stelle am Gipfelkreuz fest, dass dieser Bereich unter Konstruktion und für Besucher gesperrt ist. Darauf machen mich auch schnell zwei Arbeiter mit Pfiffen aufmerksam. Scheinbar kommen aber nur sehr wenige Wanderer über den Gipfelgrat (statt von der Seilbahnseite), sodass es unterwegs bisher keine Hinweisschilder zur Sperrung gab.
Micha ist bereits auf dem Weg nach unten. Auch ich gehe den breiten Weg hinunter bis zum Gletschersee, von dem aus man schön die noch vergleichsweise großen Eisflächen sehen kann. Nach einer dringend notwendigen Essenspause geht es über den parallel verlaufenden Trail hinunter zum Parkplatz, wo Micha schon wartet. Als ich ankomme, erzählt sie mir gleich, dass soeben ein Gesperrt-Schild auf die Wanderkarte an der Seilbahnstation geklebt wurde 😉
Ich war allein recht schnell unterwegs heute, sodass wir noch Zeit haben, um unten im Tal einen Abstecher zum Schloss Juval zu machen, der Sommerresidenz von Reinhold Messner. Leider ist das Museum geschlossen, aber dank der ausbleibenden Touristen ist es dafür möglich, die enge Straße nach oben mit dem Auto zu fahren.
Am frühen Abend sind wir zurück in unserer Ferienwohnung. Micha macht noch einen Ausflug zum Schloss Tirol, wo sie von einem schnell heraufziehenden, heftigen Gewitter überrascht wird (aber sich gut unterstellen kann). Ich beobachte das Ganze durchs Fenster und bin beeindruckt, mit welcher Gewalt es hereinbricht: Hagel, Sturm, unzählige Blitze und ein brutales Donnergeräusch. Ich kann nur erahnen, was es heißt, bei einem solchen Gewitter oben in den Bergen auf einer schlecht geplanten Wandertour festzuhängen…
9. Tag: Heimreise
Heute morgen ist Abreisewetter: Es regnet. Über den Reschen- und Fernpass fahren wir zurück nach Würzburg.
Die Zeit verging mal wieder wie im Flug. Aber es war eine herrliche Tour voller schöner Erlebnisse!
Wenn man die Tage der Hin- und Rückfahrt abzieht, war es letztlich nur eine Woche in den Bergen. Deshalb werden wir voraussichtlich Mitte August nochmal für zwei Wochen in den Alpen durchstarten.