Hiking und Lauftraining in der Schweiz
Sommerzeit ist Bergzeit. Zumindest während Corona ist das wohl die beste Möglichkeit, Urlaub zu machen, fernab der Massen an Touristen.
Deshalb passt es super, dass wir im August für 2 Wochen in die Schweizer Berge fahren und direkt am Lago Maggiore im Kanton Tessin in der Wohnung von Michaelas Tante wohnen können. Das ist optimal, um sowohl Lauftraining im Flachen für den geplanten 6-Stunden-Lauf zu absolvieren, aber auch die umliegenden Berge auf ausgedehnten Wanderungen zu erkunden. Und da die Schweiz bekanntlich sehr teuer ist – eine Pizza kostet locker mal 20 Franken – können wir so auch etwas günstiger wohnen.
1. Tag: Fahrt nach Tenero
Zwar hat Micha schon am Freitag ihren letzten Arbeitstag, aber wir brechen erst am Sonntag, den 9. August vormittags auf. Das erlaubt es mir, am Freitag und Samstag zuvor noch ein „schönes“ Laufpensum von insgesamt 4 x 20 km in der Würzburger Hitze zu absolvieren. Wie anstrengend das war, zeigt sich auf der Fahrt in die Schweiz, als ich auf dem Beifahrersitz einschlafe.
Unterwegs halten wir in Bregenz am Bodensee für einen kleinen Imbiss an der Uferpromenade. Über Österreich und Liechtenstein geht unsere Route dann an den Lago Maggiore im Schweizer Kanton Tessin. Unser Zielort Tenero liegt am Nordostufer des Sees, nicht weit von Locarno.
Die Wohnung ist im 8. Stock eines der beiden markanten Hochhäuser nahe am See. Vom Balkon aus haben wir einen schönen Blick über den Campingplatz, den See und die umliegenden Berge.
Am Abend reicht es noch für einen kurzen Spaziergang zum See am Campingplatz. Allerdings ist die Wasserqualität am Ufer ziemlich enttäuschend: Die Bezeichnung „grüne Brühe“ trifft es am besten.
2. Tag: kurze Entdeckungstour
Heute heißt zunächst, richtig auszuschlafen und in aller Ruhe zu Frühstücken. Erst gegen Mittag brechen wir auf. Mit dem Auto geht es hinauf nach Alpe di Neggia, von wo aus wir eine erste kleine Trail-Wanderung zum Monte Gambarogno unternehmen.
Anschließend fahren wir weiter nach Südwesten über die Grenze nach Italien bis Maccagno. Nach einer Kaffeepause geht es am Ufer des Sees entlang zurück nach Tenero.
3. Tag: Am Stausee entlang
Von der Wohnung aus gehen wir zu Fuß los. Der Lago Maggiore liegt nur auf 200 Meter Höhe, sodass es im Sommer ziemlich heiß werden kann. Das bekommen wir heute beim Aufstieg zum Verzasca-Staudamm zu spüren, der uns ordentlich ins Schwitzen bringt. Wir gönnen uns am Staudamm ein leckeres Toblerone-Eis und gehen dann entlang eines schönen, bereits erstaunlich herbstlichen Trails entlang des Stausees bis nach Vogorno.
Nach einer Pause im angenehmen Schatten eines großen Carports gehen wir weiter. Der Stausee endet und wir wechseln auf die linke Seite des Verzasca-Flusses, dem Namensgeber des ganzen Tals. Der Flusslauf ist sehr schön und hat riesige, vom Wasser „rund gelutschte“ Felsen und einige Pools zum Baden – auch wir springen zur Abkühlung kurz ins ziemlich kühle Nass. Dann geht es auf dem Trail weiter bis nach Lavertezzo, wo an der alten Römerbrücke plötzlich jede Menge Leute sind.
Zurück nach Tenero nehmen wir den Bus, der komplett voller Touristen ist. Zum Glück habe ich mein Buff dabei, denn die Corona-Ansteckungsgefahr erscheint hier ausnahmsweise mal ziemlich real.
4. Tag: Wanderung zum Lago Barone
Mit dem Auto fahren wir das Verzasca-Tal bis hinauf ans Ende der öffentlichen Straße in Sonogno. Von dort aus habe ich eine große Runde geplant, die uns um den Gipfel mit dem passenden Namen „Corona“ di Redorta führen soll. Doch aus der Runde wird leider nichts. Viel zu anstrengend ist bereits der Aufstieg zum Rifugio Barone.
Nun ziehen einige Wolken herein, sodass es auch von der Sicht her keinen Sinn mehr macht, durch die Scharte zu gehen. Stattdessen nehmen wir den kurzen Abzweig zum Lago Barone, der immerhin auf rund 2400 Metern liegt, und gehen dann den gleichen Weg wieder zurück.
Zur Belohnung für die doch recht lange Tour gönnen wir uns zurück in Tenero im Einkaufszentrum ein schönes, großes Eis mit Sahne.
5. Tag: Lauftraining am See
Das mit dem Eis war keine so gute Idee. Micha hat sich scheinbar einen Margen-Darm-Infekt eingefangen. Mir geht es allerdings gut. In dem schönen Café im Einkaufscenter arbeite ich ein paar Stunden am Notebook.
Am späten Nachmittag folgt eine Trainingseinheit als Vorbereitung für den geplanten Wettkampf Ende des Monats. Ich laufe 25 km durch Locarno und am Kanal Richtung Ascona und zurück. Micha begleitet mich auf dem Rad.
6. Tag: Arbeit am Notebook
Heute ist das Wetter schlecht und Micha hat sich auch noch nicht richtig erholt. Also gehe ich für einen Tag ins Café und arbeite an Texten für ein neues Projekt.
Am späten Nachmittag bin ich wieder zurück in der Wohnung. Jetzt zieht von den Bergen her ein kräftiges Gewitter herein, nach dem wieder einige Tage mit gutem Wetter folgen werden.
7. Tag: Laufrunde nach Bellinzona
Micha geht es besser, aber nicht gut genug für eine Wanderung. Also lege ich nochmal eine Laufeinheit nach. Diesmal geht es in der prallen Sonne in die Hauptstadt des Tessin, das 15 km entfernte Bellinzona. Micha begleitet mich wieder mit dem Rad.
Es ist so heiß, dass ich es kaum schaffe, genug zu trinken und mein Tempo zu halten. Auf dem Rückweg kommen auch noch Magenprobleme dazu. Ein hartes Stück Arbeit – mit hoffentlich lohnendem Ergebnis in 2 Wochen?!
8. Tag: kurze Wanderung in Lugano
Den Sonntag nutzen wir für einen Ausflug nach Lugano, der größten Stadt im Tessin. Dort angekommen wandern wir den kurzen, aber schönen Trail vom nahegelegenen Parkplatz zum markanten Berg der Stadt, dem San Salvatore.
Anschließend fahren wir in die Stadt runter für Kaffee & Kuchen und schlendern am See entlang, wo gerade ein kleiner Markt stattfindet.
9. Tag: Arbeit am Notebook
Nochmal ein Tag zur Erholung für Micha heute. Ich gehe wieder in mein „Büro“ und arbeite am Notebook. Abends folgt zur Auflockerung noch eine „kleine“ Laufeinheit mit 3 x 1000 Meter auf Tempo. Micha schaut sich in der Zwischenzeit das nahegelegene Vogelschutzgebiet an.
10. Tag: Am Fuß des Basodino-Gletschers
Heute fahren wir mit dem Auto ans Ende des „übernächsten“ Tals, das von Locarno aus abzweigt. Die Straße führt bis hinauf nach San Carlo (Val Bavona). Von dort aus geht es mit der Seilbahn zur Bergstation Robiei auf rund 1900 Meter Höhe, wo unsere Runde am Fuße des höchsten Bergs der Tessiner Alpen, dem Basodino, beginnt.
Über einen schönen Trail entlang eines Bachs geht es moderat nach oben in eine herrliche Berglandschaft voller Blumen und mit so manchem Murmeltier. Später geht es hinauf zur Scharte auf rund 2650 Meter, die auch die Grenze zwischen der Schweiz und Italien markiert – und eine super Aussicht bietet.
Für den Rückweg nehmen wir den höher gelegenen, nahe zu parallelen Trail, der eine besonders gute Sicht auf den Basodino-Gletscher bietet. Leider ist der Gletscher heutzutage extrem viel kleiner als noch vor wenigen Jahren, was anhand des blanken, freigelegten Gesteins sehr gut zu erkennen ist.
11. Tag: große Runde über den Madone
Micha möchte heute einen ruhigen Tag am See verbringen. Und zwar an einer schönen Stelle am Radweg in Richtung Locarno, wo das Wasser viel besser ist als am Campingplatz.
Also breche ich allein auf eine Wanderung auf. Von der Wohnung aus geht es links am Verzasca-Staudamm vorbei hinauf nach Mergoscia und dann nochmal 1000+ Höhenmeter bis zum Gipfel des Madone.
Es ist wieder mal sehr heiß heute, sodass mir oben angekommen bereits das ganze Wasser ausgegangen ist. Zum Glück finde ich nach dem Abstieg über den Zwischengipfel Cima della Trosa eine Wasserstelle. Ohne feste Nahrung kann ich sehr lange wandern und locker laufen, aber ohne Wasser ist man echt schnell am Ende!
Der Weg zurück geht über die Bergstation der Seilbahn am Cimetta und dann noch recht lange bergab durch den Wald bis zurück nach Tenero.
Am Ende kommen 30+ km und 2000+ Höhenmeter zusammen, sodass ich abends schon etwas müde bin.
12. Tag: Monte Limidario
Puh, schon wieder Tag Nummer 12, die Zeit fliegt. Aber heute machen wir endlich die Tour, die uns schon seit unserer Ankunft letzte Woche vorschwebt: Vom Balkon der Wohnung aus blicken wir jeden Tag auf den höchsten direkt am Lago Maggiore gelegenen Gipfel, den Monte Limidario, der eine markante Grenze zwischen der Schweiz und Italien markiert (und deshalb auch „Limidario“ heißt). Der Gipfel thront etwa 2000 Meter hoch über dem See.
Mit dem Auto fahren wir bis nach Cavaglio auf der italienischen Seite und starten von dort aus. Der Aufstieg erfolgt auf der weitaus schwierigeren Ostseite durch einen dicht bewachsenen Wald und über von Mücken belagerte Zwischengipfel mit einigen Kletterstellen. Ein schönes, kleines Abenteuer also. Zwischenzeitlich ziehen einige Wolken herein, sodass wir die Hoffnung auf gute Sicht schon fast aufgegeben hatten, aber dann setzt sich doch noch die Sonne durch – was für eine tolle Aussicht!
Zwar ist auch diesmal das Wasser wieder leer, als wir ganz oben ankommen, aber der deutlich leichtere Rückweg über einfache Trails und Forstwege hat gleich mehrere Wasserstellen.
Nach dem recht schnellen Abstieg gönnen wir uns in der Bar am Parkplatz ein schönes Radler und ein paar leckere Kartoffelchips.
13. Tag: Lauftraining am See
Micha gefällt es am See, wo sie heute nochmal einen Tag verbringt. Ich arbeite ein paar Stunden am Notebook und fahre dann auch für 2 Stunden dorthin.
Am späten Nachmittag steht dann nochmal eine letzte Laufrunde im 4:30er Schnitt auf dem Programm. Wie beim ersten Mal durch Locarno und am Kanal entlang, aber insgesamt nur 21 km.
14. Tag: Lago del Naret
Wir entscheiden uns, bis Sonntag zu bleiben und den Tag für eine weitere Wanderung zu nutzen. Nochmal fahren wir wie an Tag 10 das Tal von Locarno aus hoch, aber biegen diesmal oben in Bignascio rechts ab.
Die Straße führt scheinbar endlos weit hinauf. Über Fusio fahren wir einige Serpentinen und dann entlang des Lago del Sambuco bis auf 1750 Meter. Unterwegs hat es schon zweimal kräftig geregnet, aber wir lassen uns den Mut nicht nehmen und starten für eine Runde zum hochgelegenen Stausee, dem Lago del Naret.
Tatsächlich haben wir Glück und die dicksten Wolken ziehen zunächst ab, sodass wir den schönen Trail nach oben genießen können. Erst ganz oben, an der ersten von zwei Scharten der heutigen Runde, geraten wir in einen kurzen, aber heftigen Regenschauer. Nach all den Tagen des Schwitzens ist es jetzt plötzlich bitterkalt und wir zittern in den durchnässten Sachen. So schnell kann sich das Wetter in den Bergen ändern. Aber eben auch zum Guten: Kurz darauf kommt die Sonne heraus und wird uns den ganzen verbleibenden Tag begleiten.
Die restliche Runde bietet wunderbare Aussicht, und auf der Straße können wir problemlos wieder bis runter zum Auto laufen. Es wäre sogar möglich gewesen, direkt bis zum See auf rund 2300 Meter hoch zu fahren, aber wir waren schließlich für eine Wanderung hier 🙂
15. Tag: Heimfahrt nach Würzburg
Alles hat ein Ende nur die Wurst hat zwei. Schon sind die zwei Wochen Urlaub wieder rum.
Wir putzen die Wohnung gründlich – danke nochmal für die tolle Gelegenheit an Michaelas Tante – und reisen am Vormittag ab. Diesmal nehmen wir die andere Route durch den Gotthardtunnel, in dem übrigens bis vor einigen Jahren noch Sprengstoff (!) angebracht war, der den Tunnel zum Einsturz bringen würde, sollte es zu einer feindlichen Invasion des Landes kommen. Kaum zu glauben, aber wahr.
Wir machen unterwegs noch zwei Pausen und fahren ganz entspannt über Zürich und Stuttgart nach Hause.