Leicht und schnell: Tipps & Tricks für Rennrad-Reisen mit Rucksack

9. November 2015

Rennrad Radreise Rucksack leicht schnell

 

Vor ein paar Wochen bin ich mit Rennrad und Rucksack von Vancouver nach San Francisco gefahren. Was für ein Abenteuer! Und sicher nicht das letzte dieser Art.

Hast du Lust, auch mal so eine Tour zu wagen? Dann ist dieser Beitrag genau das Richtige. Es geht um die wichtigsten Dinge, an die du bei der Planung denken solltest. Ich hatte mich zwar ziemlich gut auf alles vorbereitet, aber auch unterwegs noch einiges dazugelernt. Das alles kannst du nun hier nachlesen. Aber fangen wir mal der Reihe nach an.

 

1. Rennrad oder Trekking-Rad?

Es gibt 2 Varianten, eine Radtour zu fahren. Entweder klassisch mit Trekkingrad und seitlichen Radtaschen für das Gepäck. Das ist die richtige Wahl für Leute, die mit Zelt und Schlafsack unterwegs sind, um unterwegs zu campen. Das Problem dabei: Man muss einiges Zeug mitnehmen, was zu ordentlich Gewicht führt. Wer also campen möchte, muss mit Trekkingrad und Radtaschen bzw. Anhänger fahren.

Für mich kam das nicht infrage, denn ich wollte vor allem schnell vorankommen. Leicht und frei von Ballast fahren und in Hostels, Motels oder Bed & Breakfasts übernachten. Das heißt natürlich nicht, dass es ein Rennen war – ganz im Gegenteil, ich habe auch oft angehalten, Fotos gemacht, etwas zu essen besorgt oder einen Kaffee getrunken. Rennrad und Rucksack bieten dafür maximale Flexibilität. Die Übernachtungen sind natürlich deutlich teurer, aber dafür kann man sich auch besser erholen und braucht weniger Ruhetage (oder gar keinen).

Mit Trekkingrad und Taschen muss man sich schon an kleinen Hügeln ziemlich abstrampeln. Ich würde schätzen, dass man mit Rennrad und Rucksack pro Tag in etwa doppelt so weit fahren kann. Ich habe unterwegs einige Camping-Radfahrer überholt, die wirklich extrem langsam gefahren sind. Außerdem hat man ständig die Taschen dabei und kann trotz Schloss das Rad nicht einfach längere Zeit irgendwo unbehelligt stehen lassen.

 

2. Mietrad oder eigenes Rad?

Bei dieser Frage kommt es auf zwei Dinge an:

● Machst du eine Rundfahrt oder eine Start-Ziel-Tour?

● Hast du ein gutes (aber nicht zu wertvolles) Rennrad?

 

Wenn du eine Rundfahrt machst, die kürzer als 10 Tage ist, solltest du eher vor Ort ein Rad leihen. Bei mehr als 14 Tagen lohnt sich meist der Aufwand, das eigene Rad mitzunehmen. Auf kurzen Strecken kostet der Radtransport bei vielen Fluggesellschaften rund 50 Euro pro Strecke. Nach Amerika habe ich 75 Euro pro Strecke bezahlt (Condor), nach Neuseeland war es dagegen im Flugpreis inklusive (Cathay Pacific). Beim Leihen muss man rund 15 Euro pro Tag einplanen (variiert natürlich je nach Land und Qualität des Rads).

Bei einer Start-Ziel-Tour wird es allerdings schwierig mit der Leihrad-Variante. Denn irgendwie musst du das Rad wieder zum Startpunkt befördern. Leider gibt es für Räder noch keinen One-Way-Leihservice wie bei Autos. Bleibt also nur, mit dem Zug oder Auto (und natürlich dem Leihrad an Bord) zurück zu fahren, wenn der Rückflug ohnehin wieder vom gleichen Ort ist wie bei der Ankunft. Zurück schicken könnte auch klappen (zum Beispiel via shipbikes.com), aber der Verleiher wird sich wohl kaum freuen, das Rad halb auseinandergebaut in einer Kiste zurückzubekommen.

Zusammengefasst heißt das: Bei Start-Ziel-Touren solltest du entweder das eigene Rad mitnehmen oder ein günstiges Rad vor Ort kaufen, um es dann am Zielort wieder zu verkaufen. Mein Bruder hat letzteres in Vancouver gemacht. Er ist knapp 3 Wochen mit seinem „neuen Rad“ rumgedüst und hat es in San Francisco sogar mit einem kleinen Gewinn wieder verkauft. Das Problem hierbei ist, einen vertrauenswürdigen Käufer zu finden, der bei der Probefahrt nicht einfach abhaut. Und du musst Zeit investieren, um das Angebot online zu stellen (Ebay oder Craigslist) und Termine und Treffpunkte mit den Kaufkandidaten ausmachen.

Für mich war das eigene Rad die beste Lösung. Ich wusste, dass mir der Sattel gut passt und ich lange darauf fahren kann, ohne große Schmerzen zu bekommen. Dass die Komponenten in Ordnung sind und einiges aushalten. Dass die Grundeinstellungen zu Sattelhöhe, Lenker, Schaltung und Bremsen passen. Und das ist viel wert, vor allem auf langen Touren! Da kann dich schon der „falsche“ Sattel in den Wahnsinn treiben. Mein Rad war außerdem 5 Jahre alt und daher nicht akut diebstahlgefährdet.

 

3. Was sollte ich alles einpacken?

Eine detaillierte Packliste findest du hier als PDF. [Momentan offline] Die überflüssigen Sachen hab ich schon gestrichen. Kann natürlich sein, dass du zusätzlich noch das eine oder andere mitnehmen oder weglassen möchtest. Den größten Effekt bringt das Notebook, falls du unterwegs darauf verzichten kannst. Ich war allerdings froh, es dabei zu haben und werde es beim nächsten Mal auch wieder mitnehmen.

 

Hier eine Liste meiner groben Rad-Ausrüstung:

● Rennrad Canyon Roadlite (2010er Modell, Neupreis rund 1000 Euro)

● Rucksack Deuter Trans Alpine 30 mit neongelbem Regenüberzug (um von Trucks und Autos besser gesehen zu werden)

● 2 Rahmentaschen von Deuter

● Oberrohrtasche FuelBelt

● Satteltasche von Topeak

● Not-Licht vorn/hinten

● Handy-Lenkerhalterung von Runtastic

● Digitalkamera Sony Cybershot

● GoPro 3

 

4. Tipps & Tricks

Soweit so gut. Jetzt geht es darum, „Gewicht zu machen“, also deinen Rucksack so leicht wie möglich zu packen. Denn eines ist sicher: Wenn du den ganzen Tag, mehrere Tage in Folge auf dem Rad sitzt, ist jedes unnötige Gramm ein Problem. Entweder am Rücken oder am Hintern. Oder beides. Hier ein paar Tipps für leichtes Gepäck:

● Nimm nur das Nötigste mit. Das ist der wichtigste Punkt! Ich hatte gedacht, wirklich minimal gepackt zu haben, und hatte dennoch ein paar überflüssige Dinge dabei, die ich 2000 km durch die Gegend gefahren habe, ohne sie jemals gebraucht zu haben (Notizbuch, Karten für die Radroute, Plastikplane). In Wirklichkeit brauchst du weniger, als du denkst.

● Die schwere Dinge möglichst am Rad verstauen. Mitschleppen musst du es so zwar auch, aber eben nicht auf dem Rücken. Am Rad ist das Gewicht weniger schlimm. Ich hatte das Multitool und Pannenset in der Satteltasche, Proviant in der großen Rahmentasche und Digitalkamera, Mini-Schloss und Akku Pack in der kleinen Rahmentasche.

● Mountainbike-Plattformpedale. Ich habe meine Klickpedale zu Hause abgeschraubt und durch großflächige Plattformpedale (Crank Brothers 5050) ersetzt. Der unschlagbare Vorteil war, dass ich so nur ein Paar Schuhe brauchte, und zwar Laufschuhe. Mit diesen konnte ich sowohl Radfahren als auch in den Pausen und morgens/abends problemlos herumlaufen. Das einzige Problem war nach einer Weile der Geruch. Aber ich würde es jederzeit wieder so machen, denn mit einem zweiten Paar Schuhe wäre der Rucksack schon fast halb voll gewesen.

● Minimales Rucksackgepäck. Die Details findest du auf meiner Packliste. Ich habe die Sachen für den schnellen Überblick in verschiedenfarbige Plastikbeutel geordnet (Technik, Rad, Freizeit, Waschtasche und Dreckwäsche). Nochmal der Hinweis: Beim Packen zu Hause solltest du bei allem ganz genau überlegen, ob du es wirklich brauchst. Mein Rucksack hatte insgesamt rund 8,5 kg. Ohne Notebook und Ladekabel wären es rund 7 kg gewesen.

 

Noch ein paar allgemeine Tipps

● Navigation: Hier empfehle ich, dein Smartphone mit einem simplen Gummistreifen von Runtastic am Lenker zu befestigen (2er Pack für 10 Euro im Media Markt). Dann die App „Ride with GPS“ oder „Google Offline Maps“ installieren (beides kostenlos). Ich habe Ride with GPS genutzt und abends immer die Strecke für den nächsten Tag übers WLAN vorgeladen, um dann tagsüber einfach die GPS-Funktion zu nutzen. Das hat gleich 2 Vorteile: Erstens brauchst du die App nicht zu kaufen, und zweitens schont es (anders als eine richtige Navigation) den Akku. Meist hatte ich abends immer noch rund 50% Akkuladung. Klappt übrigens auch in Deutschland super, und auch bei Roadtrips mit dem Auto.

● Von Anfang an 2 Radhosen übereinander anziehen. Das hab ich erst ab Tag 5 gemacht, als es schon ordentlich gedrückt hat am Hintern. Die zweite Radhose war eine super Lösung, sodass es zumindest nicht schlimmer wurde. Wäre ich von Anfang an so gefahren, hätte es vielleicht gar keine nennenswerten Sitzprobleme gegeben.

● Regelmäßige (kurze) Pausen. Das war kein Problem, da es ständig etwas zum Fotografieren gab. Aber auch ohne Fotos solltest du ab und zu kurz anhalten, den Rucksack absetzen, den Rücken gerade machen und ein paar Schritte herumlaufen. Das hilft ganz gut, damit du während des Tags auf dem Rad nicht verkrampfst. Und klar, längere Pausen für ein schönes Essen oder Kaffee und Kuchen sind immer gut, hab ich mir jeden Tag gegönnt.

● Wenn wir schon beim Thema Essen sind: Iss soviel wie möglich. Vor allem dann, wenn du den ganzen Tag fährst. Das kostet auf Dauer mehr Energie, als du denkst. Ich bin im Durchschnitt rund 200 km am Tag gefahren und habe dabei laut Pulsuhr locker jeweils 4000 Kalorien verbrannt. Das musst du erstmal wieder aufnehmen.

● Das bringt uns zum nächsten Punkt: Nimm nur das Nötigste an Proviant mit. Also eine Trinkflasche mit Wasser (in der Rahmenhalterung), ein paar Notfall-Energieriegel und/oder Gels (Oberrohrtasche) und ein paar Bananen, Äpfel und Trockenfrüchte in der Rahmentasche. Nur, wenn es gar nicht anders geht, solltest du Proviant im Rucksack transportieren, denn das macht einiges an Gewicht aus.

● Nutze die Boxenstopp-Taktik. Das hat sich für mich absolut bewährt. Sobald ich halbwegs Hunger hatte, bin ich im nächsten Ort an den erstbesten Supermarkt gefahren, habe je nach Bedarf 5-6 Bananen gegessen und Wasser sowie die Essensreserve in der Rahmentasche aufgefüllt. Manchmal noch etwas Süßes oder ein Kaffee an der Tanke und weiter gings. Solange du genug Energie aufnimmst und es mit dem Tempo nicht übertreibst, kannst du nach ein paar Tagen Eingewöhnungszeit praktisch ewig fahren, ohne einzuknicken. Hörst du aber auf zu essen, ist der Ofen ruck zuck aus.

● Nimm eine zweite Trinkflasche mit. Die passt zwar nicht mehr in den Rahmen, wenn du wie ich mit den Rahmentaschen fährst. Aber man kann sie immer mal gebrauchen. Entweder für Wasser bei hohen Temperaturen und längeren Teilstrecken durch die Pampa. Oder als „Zwischenlager“ für Haferflocken zum Mitnehmen (gibt es im Supermarkt meist nur als größere Packung).

 

5. Testen!

Ein ganz wichtiger Schritt fehlt noch, bevor zu abreist: Teste dein Equipment unbedingt zu Hause! Ich habe eine Woche vor Abreise alles genau so gepackt und mein Rad so präpariert, wie es auf der Reise geplant war. Dann bin ich mit Freunden eine große Radrunde gefahren, rund 200 km. Erst dann wusste ich, wie es sich wirklich anfühlt, was noch anzupassen war und ob ich vielleicht zuviel dabei habe (oder ob noch etwas wichtiges fehlt). Ich hatte zum Beispiel einen zu schweren Rucksack und habe danach nochmal „ausgemistet“.

So, das wars erstmal von meiner Seite. Ich hoffe, dass dieser kleine Ratgeber informativ war. Feuer frei für Feedback, Fragen und Verbesserungsvorschläge. Und ansonsten gute Reise und viel Spaß auf deinem Abenteuer!

2 thoughts on “Leicht und schnell: Tipps & Tricks für Rennrad-Reisen mit Rucksack”

  1. Hallo, wie war noch einmal dein Name?
    Ich finde deinen Artikel sehr interessant.
    Ich bin in meinem Leben eine Menge Marathons gelaufen und mit Freunden viele Rennradkilometer gefahren. Eine mehrtägige Rennradtouren war im letzten Jahr eine neue und schmerzhafte Erfahrung für mich.
    Ich wohne in Niebüll nahe der Deutsch-Dänischen Grenze.
    Mein Plan war mit meinem Rennrad rund 1000 km in 5 bis 6 Tagen zu meinem Schwager zu fahren. Der wohnt im Allgäu direkt an der österreichischen Grenze.
    Meine 1. Etappe ging bis kurz vor Hamburg, gute 170 km. Es war Anfang Juli. Bereits nach 40 km prasselte der Regen unaufhörlich. Nach 100 km war ich durchnass und stark unterkühlt. Ein 2 stündiger Restaurantbesuch beim toleranten Wirt rettete mich. Ich überstand die Gesamtstrecke gut und kam fit an mein Ziel.
    2. Etappe bis Lübbecke 250 km.
    Gleich nach Aufbruch Regen. Auf der Elbfähre nach 35 km schlotterte ich bereits wieder am ganzen Leib. Wirklich grauenhaft. Der Regen hörte auf, ich erholte mich und schaffte die gesamte Strecke mit nur 1 langen Mittagspause. Nur die letzten 10 km waren zäh. Mein rechter Sitzknochen machte sich bemerkbar und der Nacken schmerzte.
    3. Etappe 190 km nach Wilkenroth bei Gummersbach
    Ich startete topfit um 9 Uhr
    Die ersten heftigen Steigungen waren kein Problem. Nach und nach spürte ich den rechten Sitzknochen massiv und der Nacken schmerzte sehr.
    In Oelde, nach 80 km, machte ich Mittagspause. Auf der Toilette musste ich feststellen, dass unter meinem leidenden Sitzknochen eine offene Wunde entstanden war.
    Der Akku meines Smartphones, mit dem ich über die Komoot-APP navigierte, war fast leer. Ich schloss meine Powerbank an. Leider hatte die einen Defekt. Der Dauerregen?
    Ich quälte mich noch 50 km, um mich dann vom Freund aus Wilkenroth abholen zu lassen.
    An einer Fortsetzung war nicht zu denken.
    Dein Tipp mit der doppelten Radhose ist für mich daher sehr interesssant.
    Ich hatte auch nur die 1 Radhose dsbei, die abends ausgewaschen wurde. 100prozentig trocken war die am nächsten morgen aber nicht. Radfreunde meinten, das könne Hautverletzungen fördern!?
    2021 möchte ich einem 2. Versuch starten.
    Herzliche Grüße
    Ernst-Günther Schmidt

  2. Dauerhaft schlechtes Wetter ist auf jeden Fall sehr unangenehm! Da hatte ich bei den Touren an der US-Westküste und in Neuseeland ziemliches Glück. Der Rucksack hatte auch einen guten Regenüberzug. Wenn es regnet, kann die doppelte Hose auch schlecht sein, da es dann noch „schwammiger“ wird und natürlich auch beide nass werden… Viel Erfolg für deine Tour! Klingt auf jeden Fall interessant und mit gutem vorherigen Training auch machbar.

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