Deutscher Meister Ultratrail in meiner Altersklasse

12. Juni 2019
Deutsche Meisterschaft Ultratrail Keufelskopf Siegerehrung Altersklasse Deutscher Meister Marko Gränitz
Es ist mein bisher größter Erfolg im Ultrarunning: Bei der Deutschen Meisterschaft im Jahr 2019, dem Keufelskopf Ultratrail über 78 km und 3000 Höhenmeter, laufe ich auf den 4. Platz in der Gesamtwertung und werde damit überraschend Altersklassensieger! Foto: Bernhard Epple

 

Zusammen mit Läufern meines neuen Vereins, der LG Würzburg, fahre ich am Vortag des Rennens in den kleinen Ort Reichweiler im Pfälzerwald, wo am 08. Juni die Deutsche Meisterschaft im Ultratrail stattfindet. Ich übernachte wie viele andere Starter direkt vor Ort mit Iso-Matte und Schlafsack auf dem Boden der Sporthalle, was zwar nicht besonders bequem ist, aber trotzdem ganz gut funktioniert – vor allem dank meiner Ohrstöpsel, die den Schnarcher nebenan verstummen lassen.

Morgens um 5 Uhr stehe ich auf und gönne mir ein kleines Frühstück: Eine Tasse Kaffee und 2 Brötchen mit Honig und Nutella. Dann wird alles sorgfältig für das Rennen präpariert: Zunächst das Anti-Chafing-Gel 2Skin an den kritischen Stellen auftragen. Dann die Laufklamotten anziehen (kurze Hose trotz eindringlicher Zeckenwarnung, Kompressionsshirt, Laufcap und natürlich mein Sieger-Schuh vom PfalzTrail 2018, der Saucony Peregrine). Als nächstes packe ich den Laufrucksack mit 1,5 Liter Wasser und 2 Beuteln Maurten 160 sowie der zusätzlichen Pflichtausrüstung (Handy, Trinkbecher, Müllbeutel) sowie den Laufgürtel mit verschiedenen Energiegels. Als letztes wird noch das Startnummernband angelegt.

 

Um 7 Uhr fällt der Startschuss…

…und ich stelle schnell fest, dass die Spitze des Feldes einen ziemlichen Affenzahn hinlegt. Nach etwa 1 km finde ich mich ungefähr auf Platz 25 wieder – neben meinem Vereinskollegen Rainer Koch, einem der weltbesten Etappenläufer. Das Wetter ist bewölkt bis sonnig bei knapp 20 Grad und leichtem Wind, die Bedingungen sind also perfekt. Insgesamt haben 152 Läufer für die Ultra-Distanz gemeldet, wobei auch einige Teilnehmer ohne Startpass für die Meisterschaft mit im Rennen sind.

Die Keufelskopf-Strecke verläuft über rund 78 km und 3000 Höhenmeter. Für mich ist dieser Kurs der bisher anspruchsvollste aller Ultra-Rennen. Deshalb halte ich mich auf den ersten Kilometern weiterhin zurück, während die vorderen Läufer zunehmen außer Sichtweite geraten. Über die ersten 20 bis 30 Kilometer zieht sich das Feld aufgrund des schwierigen Profils immer weiter in die Länge, sodass viele Teilnehmer später berichteten, die meiste Zeit allein gelaufen zu sein.

Für mich beginnt nach den ersten Kilometern das Überholen der Teilnehmer, die wohl etwas zu schnell losgerannt waren. Nach rund 25 km bekomme ich von einem Streckenposten die Nachricht, dass ich auf Platz 5 liege. Also drücke ich etwas aufs Tempo und versuche, die Lücke nach vorn zu schließen, was sich aber als langwieriger Prozess herausstellt. Denn erst etwa 35 km später sehe ich den nächsten Läufer und bin bis dahin ganz allein auf weiter Flur unterwegs. Aufgrund der meist guten Ausschilderung der Strecke ist das Risiko, sich zu verlaufen, aber zum Glück relativ gering. Nur an wenigen Stellen muss ich kurz nach dem Weg suchen oder ein kleines Stück zurücklaufen, um die Strecke wiederzufinden.

Unterwegs gibt es insgesamt vier Verpflegungsstationen, an denen der Veranstalter aber nur Wasser bereitstellt. Feste Nahrung müssen die Athleten also selbst mitführen. Es war jedoch möglich, im Vorfeld des Rennens eigene Getränke abzugeben, die dann an den Stationen zur Verfügung stehen. Also hatte ich für jede Verpflegungsstation eine kleine Wasserflasche mit Maurten 320 bereitgestellt, die ich dann einfach jeweils gegen die leergetrunkene Flasche austausche. Dieser Plan funktioniert perfekt, sodass ich energetisch sehr gut über die Runden komme. Allerdings spüre ich zunehmend die muskuläre Anstrengung, denn nach den vielen flachen Kilometern beim Deutschlandlauf bin ich keine steilen Anstiege oder Gefälle gewohnt.

Zur „Aufmunterung“ der Läufer sind am Streckenrand immer wieder verschiedene kleine Schilder platziert – mit Sprüchen wie „jetzt nur noch ein Marathönchen“, „uffbasse“ (vor extrem steilen Bergab-Passagen) oder „setze dich, wenn du es eilig hast“ (mit nebenstehendem Camping-Stuhl und vollem Bierkasten). Der Versuchung, unterwegs ein Bier zu trinken, konnte ich aber zum Glück widerstehen. Sonst wäre ich aus diesem Stuhl wohl nicht so schnell wieder aufgestanden… Denn mit zunehmender Streckenlänge muss ich feststellen, dass der Veranstalter es offenbar geschafft hat, die schwerstmögliche Strecke rund um Reichweiler zu wählen. Obwohl sich das Höhenprofil insgesamt nur zwischen 300 und 600 Metern über dem Meeresspiegel bewegt, kommen auf diese Weise am Ende die Gesamt-Höhenmeter der Zugspitze zusammen.

Nach etwa 65 km laufe ich auf den Viertplatzierten, Martin Schedler (Deutscher Meister Ultratrail 2015) auf und kann überholen. Er gibt mir noch den Hinweis, dass der Drittplatzierte nur etwa 2 Minuten vor mir ist. Also gebe ich nochmal Gas und versuche, alles aus meinem Körper rauszuholen. Doch trotz energetisch weiterhin guter Verfassung machen meine Beine jetzt endgültig schlapp. Kurz nach der 70-Kilometer-Marke spüre ich, dass der Ofen aus ist und ich die Lücke nach vorn nicht mehr schließen kann. Also nehme ich etwas Druck raus und versuche, möglichst konstant bis ins Ziel zu laufen und Platz 4 zu sichern. Auf dem letzten Kilometer sehe ich, dass Martin wieder bis auf 100 Meter herangelaufen ist und gebe nochmal Gas, um nicht noch einen Zielsprint zu riskieren.

Glücklich und vor allem erleichtert darüber, dass es jetzt endlich zu Ende ist, laufe ich über die Ziellinie. Der Abstand zum Drittplatzierten Martin Ahlburg, einem 100-Kilometer-Kader-Athleten aus der Nationalmannschaft, betrug immerhin 7 Minuten. Kein Grund also, sich über Platz 4 zu ärgern. Noch im Zielbereich stelle ich fest, dass auch der Zweitplatzierte Max Kirschbaum, der knapp vor Martin ins Ziel lief, nicht in meiner Altersklasse ist, ebenso wenig wie der Sieger des Rennens und neuer Deutscher Meister Ultratrail André Collet, der auch Altersklassen-Weltmeister über 100 km ist. Das heißt also, dass ich überraschend der neue Deutsche Meister in meiner Altersklasse bin.

 

Fazit

Zusammengefasst ist der Keufelskopf Ultra ein ziemliches Abenteuer, das wahrscheinlich alle Teilnehmer an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit (und Leidensfähigkeit) bringt. Neben den Höhenmetern sind die eigene Verpflegung und das Finden des Streckenverlaufs zu meistern. Hinzu kommen juckende Brennnesseln, querliegende Bäume und kniehohes Gras mit entsprechender Zeckenpopulation. Aber wer kann zu so einem Lauf schon „nein“ sagen?!

Selbst die erfahrenen Spezialisten an der Spitze des Feldes sahen nach Aussage der Zuschauer im Ziel „nicht mehr gut aus“ und mussten sich im Kampf um die vorderen Plätze völlig verausgaben. Das lag wohl auch daran, dass vor allem die letzten 15 km noch einmal ganz besonders anspruchsvoll waren, was viele Athleten nach dem Rennen bestätigen. An verschiedenen Stellen sind die Anstiege dort so steil, dass man sich nur an den entsprechend befestigten Seilen nach oben ziehen kann. Und wer denkt, wenigstens bergab schnell laufen zu können, wird schnell eines besseren belehrt: Einige Passagen sind so abschüssig, dass man Mühe hat, überhaupt ohne Sturz nach unten zu kommen.

Wie schwer die Strecke ist, zeigt sich auch daran, dass selbst die Zeit des Siegers insgesamt „nur“ einem Durchschnittstempo von 5:35 min/km entspricht. Mein Vereinskollege Rainer kommt übrigens auf den 13. Gesamtplatz und Rang 4 in seiner Altersklasse. Wobei man hinzufügen muss, dass er im Ziel noch recht gut aussah und wohl ein paar Körner aufsparte, um am nächsten Tag (tatsächlich!) einen weiteren Marathon zu laufen – unfassbar! Auch die beiden anderen Teilnehmer der LG Würzburg, Georg Braungart und der bekannte Vielstarter Walter Zimmermann, kommen sturz- und verletzungsfrei ins Ziel.

 

Weitere Artikel dazu

Mainpost: Marko Gränitz läuft auf Platz vier

LG Würzburg mit 4 Startern bei der Deutschen Meisterschaft Ultratrail

Wikipedia: Deutsche Leichtathletik-Meisterschaften 2019/Resultate

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