Ultrarunning: Verletzungen vorbeugen und auskurieren

30. April 2021

Wer ambitioniert trainiert, geht ein gewisses Risiko ein, sich früher oder später zu verletzten. Das gilt auch dann, wenn Trainingsplan, Ernährung und Regeneration optimal aufeinander abgestimmt sind. Zu den häufigsten Verletzungen beim Laufen zählen Shin Splints, Zerrungen, Probleme mit der Achillessehne sowie Überbelastungen von Knöchel, Knie und Hüfte. Auch Ermüdungsbrüche können bei Ultraläufern gehäuft auftreten, wobei hier vor allem Frauen betroffen sind.

Ganz vermeiden lässt sich das zwar Verletzungsrisiko nicht, aber es kann deutlich reduziert werden. Dazu haben sich folgende Dinge bewährt, die am besten regelmäßig in Training und Alltag berücksichtigt werden sollten:

● langsame Steigerung von Umfängen und Intensitäten, mindestens ein Ruhetag pro Woche, und eine Woche mit deutlich reduziertem Training pro Monat

● Dehnprogramm, Koordinations- und Sprungübungen, Blackroll (auch gegen Blockaden der Wirbelsäule)

● Fokus auf eine saubere Lauftechnik, um systematische Fehlbelastung zu vermeiden

Variation der Laufeinheiten (Umfänge, Intensitäten, Untergrund, Schuhe)

● ausgewogene, entzündungshemmende Ernährung, ab und zu Fasten

● Nahrungsergänzung mit Kollagen (vor allem Veganer & Vegetarier)

● Krafttraining mit Gewichten (Kniebeuge, Kreuzheben, Klimmzüge)

● weniger Stress und ausreichend Schlaf für bessere Regeneration

● genügend Sonnenlicht, Vitamin-D-Ergänzung im Winter

 

Wettkämpfe

Im Vorfeld von Wettkämpfen wird das Training für mehrere Tage bewusst stark reduziert (Tapering), um ausgeruht und mit voller Energie an der Startlinie zu stehen. Deshalb ist hier das Verletzungsrisiko – abseits von Stürzen, Umknicken etc. – nicht unbedingt höher. Viele Läufer verletzen sich eher nach dem Wettkampf, indem sie ihrem Körper keine ausreichende Zeit zur Regeneration geben und zu früh wieder ins reguläre Training einsteigen. Deshalb empfiehlt sich ein klarer Plan zur Regeneration, der direkt mit dem Überqueren der Ziellinie beginnt:

● sofort Mineralstoffe (Isodrink oder Obst) und hochwertiges, schnell verfügbares Whey-Protein oder Aminosäuren zuführen

● falls möglich, auf einem Rad oder Spinning Bike für 10 bis 20 Minuten locker „ausrollen“ (beschleunigt Abtransport von Abfallprodukten im Körper) und/oder leichte Massage

● umfangreiches Abendessen mit hochwertigen Proteinen (zum Beispiel Eier), komplexen Kohlenhydraten (Gemüse) und gesunden Fetten (Olivenöl)

● je nach Wettkampfdauer einige Tage komplett (!) Laufpause, gesunde Ernährung, leichte Bewegung zur aktiven Regeneration (Schwimmen, Radfahren), ausreichend Schlaf, Wechselduschen, Sauna

 

Gefährlich ist vor allem, nach sehr intensiven Wettkämpfen schon einen oder zwei Tage später wieder „lockere Regenerationsläufe“ zu machen. Wer in einem Rennen an seine Leistungsgrenze gegangen ist und sich verausgabt hat, erzielt damit keinen sinnvollen Effekt, geht aber ein hohes Verletzungsrisiko ein. Die belasteten Strukturen – vor allem die „Hardware“, also Knochen, Bänder und Gelenke – brauchen mehr Zeit zur Erholung als die Muskulatur. Es ist also trügerisch, wenn der Muskelkater nach wenigen Tagen bereits verschwindet, denn damit ist die Regeneration noch nicht abgeschlossen.

 

Die Perspektive wahren

Falls doch eine Verletzung passiert, gilt es zunächst, für die Zukunft daraus zu lernen. Der Körper kann sich mit etwas Zeit von den meisten Rückschlägen erstaunlich gut erholen. Aber es ist einfach unnötig, den gleichen Fehler später erneut zu machen.

Zudem gilt es, die Perspektive zu wahren. Es gibt viel schlimmere Dinge im Leben als eine Verletzung, die früher oder später wieder verheilt. Letztlich sind die damit verbundenen Schmerzen sogar etwas Gutes, da sie unseren Körper vor weiteren, größeren Schäden bewahren. Kleinere Verletzungen gehören fast schon zum Sport dazu und können uns wichtige Warnsignale geben, wenn wir in uns hineinhören.

Zudem hilft es, während der Regeneration positiv zu bleiben. Vergangene Leistungen und Erfolge werden sich wieder einstellen, wenn man geduldig ist und sich nicht vorschnell wieder zu viel zumutet. Stattdessen lässt sich die Zeit nutzen, um Dinge zu erledigen, die zuvor auf der Strecke geblieben waren, sei es im Sport oder im Alltag. So lassen sich zum Beispiel die Rahmenbedingungen optimieren, etwa durch Recherche besserer Trainings- oder Ernährungsmethoden. Aber auch ein Urlaub, Massagen, Saunieren oder häufiges Ausschlafen helfen Körper und Geist bei der Erholung.

 

Fazit

Das Verletzungsrisiko ist im Ultrarunning nicht unbedingt höher als bei den intensiveren Kurzstrecken oder im Triathlon. Der Grund ist, dass Ultraläufer einen hohen Anteil der Kilometer im Grundlagenbereich absolvieren und im Lauf der Zeit stabile Strukturen für lange Belastungen aufbauen. Dennoch ist es stets eine Gratwanderung, im Training besondere Reize zu setzen und im Wettkampf an seine Grenzen zu gehen. Zumindest können die genannten Tipps das Verletzungsrisiko deutlich reduzieren. Und falls man sich doch verletzt, gilt es, für die Zukunft daraus zu lernen – und in der Zwischenzeit das Beste daraus zu machen.

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